Fragen an mich

Wie kamst du zu dem Entschluss Trauerredner zu werden?

Ich kam durch zwei Ereignisse zu diesen Beruf: 1. Nahm ich an einer evangelischen Trauerfeier teil und war sehr enttäuscht, da diese der  Person überhaupt nicht gerecht wurde.2. Durch meine beste Freundin Verena , die eine Euthanasie Maßnahme in Anspruch nahm und von mir eine Trauerrede wünschte. Am Tag der Beisetzung hielt ich  die Rede. diese war so lebendig und kam unwahrscheinlich gut an, dass mich Leute noch immer darauf ansprechen, obwohl das bereits in 2019 war. Ich habe erkannt, dass ich das Talent habe, Worte zu finden, wenn sie vielen Leuten fehlen. Ich bin froh und dankbar, dass ich Menschen in den oftmals schwersten Stunden ihres Lebens zur Seite stehen kann, durch die Gespräche oder aber auch die individuelle Gestaltung der Trauerfeier Kraft und Halt geben kann. Das ist der Hauptgrund, warum ich mich für diesen Beruf entschieden habe. 

Was muss man für den Beruf mitbringen? 

Die wichtigste Eigenschaft ist empathisch zu sein. Viele Hinterbliebenen haben Angst vor diesem Gespräch, da sie den Ablauf nicht kennen, beziehungsweise zum ersten Mal zur Ruhe kommen und  das ganze Leben der verstorbenen Person von Anfang bis zum Schluss betrachtet. Man muss ein guter Zuhörer sein, man muss aber auch Vertrauen ausstrahlen und auf die Menschen eingehen. Ich bin jedes Mal aufs Neue überrascht, wie sehr die Menschen sich mir, einer wildfremden Person, öffnen  und an den vielen wunderschönen und auch intimen Momenten teilhaben lassen. In der Regel trifft man sich das zweite Mal bei der Beerdigung/Beisetzung. Alleine durch dieses Gespräch hat man so eine enge Bindung aufgebaut, dass mir nach der Beisetzung die meisten Leute um den Hals fallen und drücken und so ihre Dankbarkeit aussprechen. Ich finde es total schön und erstaunlich. Mit den meisten Hinterbliebenen bin ich nach wie vor in Kontakt und wir schreiben noch viele WhatsApp hin und her oder schicken Bilder. 

Kann jeder einen Trauerredner buchen?

Selbstverständlich. Viele Menschen sind der Meinung, dass man aus der Kirche ausgetreten sein muss, um einen Trauerredner zu engagieren. Letztlich entscheiden das die Angehörigen, wie sie den Abschied gestalten möchten. Während die Pfarrer:innen an ihrer Liturgie gebunden sind, kann man mithilfe eines Trauerredner den Abschied komplett auf die verstorbene Person zuschneiden. Es freier und lebendiger gestalten. Der Hauptunterschied ist: einen Trauerredner muss man bezahlen (die Kosten liegen zwischen 350 und 500 Euro); Bei einem kirchlichen Begräbnis entstehen keine zusätzlichen Kosten für Pfarrer:innen. 

Wie ist der Ablauf bei einem Trauerfall? 

In der Regel nimmt der Hinterbliebene Kontakt mit einem Bestatter auf. In diesem Gespräch wird u.a. Die Art der Bestattung und der Tag des Abschieds thematisiert. Hier wird auch gefragt ob man eine kirchliche Beisetzung wünscht oder ob man einen Trauerredner möchte. Die Bestatter haben einen Pool aus freiberuflichen Rednern Und schlagen diese dem Kunden vor. Entscheidet man sich für einen Redner, ruft der Bestatter, manchmal sogar parallel, den Redner an und fragt ob er Den Auftrag annehmen kann. Kann der Redner, bekommt er ein geführtes Protokoll mit den Daten des Verstorbenen und den Kontaktdaten der Hinterbliebenen zugemailt. Der Redner nimmt Kontakt mit dem dort aufgeführten Angehörigen auf und verabredet sich zu einem Gesprächstermin, bei dem auch oftmals mehrere Personen anwesend sind. In diesem Gespräch tauscht man sich über die verstorbene Person aus, erfährt die einzelnen Lebensstationen, man redet über die Wünsche und die Vorstellungen  wie der Abschied ablaufen soll und man sucht die Musik aus. Es ist aber ebenfalls möglich, dass der Hinterbliebene direkt Kontakt mit dem Redner aufnimmt und anschließend der Bestatter kontaktiert wird. Dann erhält der Bestatter die Kontaktdaten des Redners in  dem Gespräch mit den Hinterbliebenen. 

Wie gehst du mit der täglichen Trauersituation und den einzelnen Schicksalen um? 

Mein Zivildienst in einem Behindertenheim hat diesbezüglich arg geholfen. Die damaligen erlebten Schicksale gerade mit Kindern, hatten mich sehr mitgenommen und auch im privaten Bereich weiter belastet. Ich lernte mit den Schicksalen umzugehen, lernte dabei viel über das Leben und was es heißt gesund zu sein. Seit 2015 engagiere ich mich für den Bundesverband Kinderhospiz und seit 2016 für die NCL Stiftung, die sich mit KinderDemenz auseinandersetzt. Auch hier habe ich viele Schicksalsschläge kennen gelernt. Doch eine befreundete Ärztin gab mir einen guten Rat, dass man auch das Positive sehen muss, und so ging ich anders mit der Situation um. Das hilft mir auch bei meiner Arbeit als Trauerredner. Die meisten Leute haben ein falsches Bild von einem Trauergespräch. Natürlich erinnert man sich an das Leben der verstorbenen Person und man kommt aus einem traurigen Anlass zusammen. Vielleicht liegt es auch an meinem Gesprächsverlauf und wie ich auf die Leute eingehe. Denn in den meisten Fällen wird keine Träne vergossen. Sei denn man erzählt über das letzte Kapitel, das gerade Erlebte und über den Abschied. Ansonsten sitzen wir zusammen, gedenken der Person und lachen ganz oft, da ich verstärkt auf die schönen Momente aufmerksam mache und mir Anekdoten erzählen lasse. 

Zuletzt bedankte sich ein 88-jähriger Mann bei mir, der sehr viel Angst vor dieser Begegnung und dem Ungewissen hatte, ich ihm aber durch meine ruhige Art und Empathie ihm diese gänzlich nahm. Natürlich nehmen mich manche Schicksale sehr mit, aber ich versuche dann stark zu sein, den Angehörigen zur Seite zu stehen, Kraft zu spenden. Aber ich hätte auch absolut kein Problem damit mit ihnen gemeinsam zu weinen. Manchmal muss auch einfach das sein.